Montag, 11. April 2011

Ein paar Worte über den Sport

Wir befinden uns gerade in San Diego und werden hier die nächsten 5 Tage verbringen, bis uns endlich meine Schwester und ihr Freund besuchen kommen. :-)
Auf diese Weise werden wir auch die Stadt ein wenig besser kennenlernen und können uns mal wieder in aller Ruhe entspannen. Ist doch schön, wenn man ab und zu mal ein Plätzchen hat, an dem man sich wenigstens für eine gewisse Zeit niederlassen kann. Ganz so Rolling Stone-like sind wir dann doch nicht unterwegs (und zudem auch nicht soooo extrem abenteuerlich. Wir geben es ja zu: Es ist schön, eine Matraze zum Schlafen und ne gescheite Dusche zu haben).
Und: Wir nutzen die Gelegenheit, um das Phänomen Baseball näher zu begreifen. Schon vorgestern waren wir auf einem Spiel der San Diego Padres gegen die LA Dodgers, und heute abend werden wir wieder in`s Stadion zurückkehren um bei den Padres mitzufiebern. Die Saison hat vor Kurzem begonnen und hier findet während unserer Zeit jeden Tag ein Spiel statt. Die Ticketpreise fangen schon bei 10 Dollar an, unsere bevorzugte Kategorie kostet 46 Dollar - weshalb also nicht?
Einige Sportevents haben wir ja schon miterlebt:

4 mal Basketball
New York Knicks vs. Indiana Pacers
Miami Heat vs. Atlanta Hawks
New Orleans Hornets vs. Houston Rockets
LA Lakers vs. Dallas Mavericks
Das Daytona 500 Rennen
Den Monster Jam in Orlando
Und wie gesagt die San Diego Padres vs. LA Dodgers (Baseball)

Zeit also, mal ein paar Worte über die Amerikaner und den Sport zu verlieren. Im Gegensatz zu der in Europa landläufigen Meinung sind die Amerikaner im Prinzip nämlich sehr sportlich, was ihr Engagement angeht. Oftmals haben wir ein falsches Bild von den USA, und wenn man sich eine zeitlang hier aufhält, fällt einem das richtig auf.
Da sind zum Beispiel die Sportevents: Jede Stadt, die etwas auf sich hält, hat zumindest mal ein Stadion, in dem Baseball gespielt wird, ein Stadion für Football und ein Stadion für Basketball (oder eines für einige Sportarten zusammen). Und genau in diesem Stadion findet auch ständig ein Event statt, annähernd jeder Amerikaner, mit dem wir bisher gesprochen haben, hat eine Lieblingsmannschaft (meistens die der eigenen Stadt) und meistens auch einen Jahrespass zu den Spielen dieser Mannschaft, Familien gehen mit Sack und Pack (Mama, Papa, Kinder, Großeltern) zu den Events und alle jubeln sie ausnahmslos mit, wenn ihre Mannschaft Punkte sammelt. Was hier abgeht, kann man wirklich nicht mit Deutschland vergleichen...ich meine, was haben wir schon? Fussball und...äh...ja...ab da wird es schon schwerer, einen bundesweit populären Sport zu finden. Und hier? Football, Baseball, Basketball. Und das in jeder größeren Stadt. Hier ist es normal, Eltern mit Kindern bei den Spielen zu sehen. Und das ist wirklich schön. Das ist eine der vielen schönen Seiten der Mentalität in den USA.
Ich glaube, Basketball und Baseball werden mir in Deutschland sehr fehlen, und ich glaube, ich werde mir Pay-TV holen müssen, um die Events aus den USA mitverfolgen zu können...und ich glaube, ich werde mit diesem ganzen verkorksten "bloss nicht zu fanatisch sein"-Mist aufhören (man muss sich ja abgrenzen) und offen bleiben. Always keep an open mind. Verrückt, dass man diese Einstellung gerade in den USA lernt.
Aber je länger wir hier sind, umso mehr glaube ich, dass unsere schlechte Meinung von den Amis nicht mit den Amis selbst zu tun hat - sondern eher mit uns und unserer verkorksten Haltung und unserer fürchterlich strengen Moral uns selbst gegen über. Kriegspolitik hin oder her, das ist ein anderes Thema. Aber Politik und Bürger sind eben auch zwei Paar Schuhe. Oder welcher Deutsche würde sich zu 100% mit der deutschen Politik identifizieren? Eben - hier ist das doch genauso. Patriotisch sind sie, das stimmt. Wahnsinnig patriotisch. Aber wisst ihr was? Ich finde das toll. Ich finde dieses Gemeinschaftsdenken wirklich gut. Zu was es manchmal führt ist ne andere Sache, aber die Basis, die Wurzel dieses Denkens ist eine unheimlich gute Sache. Und genau dieses patriotische Denken kommt zu einem großen Teil auch durch die Integration des Sports in die Gesellschaft - meiner Meinung nach. Man beginnt, sich durch die Mannschaft als Teil seiner Stadt, seines Staates, seines Landes zu fühlen. Wieso auch nicht?

Und dann ist da ja noch der Collegesport. Jede Schule hat Sportmannschaften. Cheerleader. Fans. Turniere. Wieso gibt es sowas bei uns nicht? Einmal im Jahr Bundesjugendspiele, und das war es dann. Wo sind die Sportmannschaften, wo ist der Teamgeist, wo die Identifizierung mit einer Sache, die Spaß macht und Menschen zusammen bringt? Jetzt wo wir das alles hier so mitbekommen, die großen Sportfelder an den Schulen sehen, die vielen Kinder und Jugendlichen, die hier in Mannschaften trainieren und gegen andere Schulen antreten - jetzt habe ich ein wenig Mitleid mit den deutschen Kindern, die zwar immer eingeredet bekommen, wie wichtig Sport ist, aber im Prinzip auf Vereine zurückgreifen müssen, die es de facto nicht so verbreitet gibt wie man es gerne hätte.
Hier hingegen ist das ganz einfach gelöst: Jedes Kind muss in die Schule, also machen wir doch lieber Schulmannschaften und die Sache hat sich erledigt. Und noch dazu kann man ja wählen: Football für die etwas Bulligeren, Basketball für die Langen, Baseball für den Rest. Ist doch perfekt! Und die Mädels? Nun, die müssen nicht reiten oder Ballet machen - die können ebenso in Frauenmannschaften oder eben Cheerleader bzw. Tänzerinnen bei den Events werden. Ist das sexistisch? Nein, hier macht man es gerne. Hier ist man stolz darauf, Cheerleaderin zu sein, Quarterback oder Pitcher. Stolz...schon wieder so ein Wort, welches in Deutschland mit Vorsicht zu genießen ist...

Ich weiß, ich habe teilweise ein wenig übertrieben. Natürlich gibt es in Deutschland auch Möglichkeiten, Fan oder Sportler zu sein. Aber hier ist der Sport vielmehr in den Alltag und in das Denken der Menschen integriert, und hier haben auch Kinder wesentlich mehr Möglichkeiten der sportlichen Verwirklichung. Und das ist wirklich sehr, sehr schön.

(wenn da nicht das Essen wäre und vielen einen Strich durch die Sportrechnung machen würde...)

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